Der gemeine Holzbock

Zecken

In Rheinland-Pfalz ist der Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus) die häufigste Zeckenart und über das gesamte Land verbreitet. Es gibt aber auch weitere, zum Teil neue wärmeliebende Arten in geringerer Verbreitung, wie beispielsweise die Igelzecke (Ixodes hexagonus), die Schafzecke (Dermacentor marginatus), die Auwaldzecke (Dermacentor reticulatus) und Hyalomma-Zecken (Hyalomma marginatum, H. rufipes). Alle Arten können gefährliche Krankheiten übertragen, somit stellen sie für Mensch und Tier eine Gefährdung dar. Dabei können i. d. R. sowohl Larven, Nymphen als auch die erwachsenen Tiere Krankheitserreger übertragen.

Zunehmend milde Winter ermöglichen den Zecken inzwischen eine deutlich verlängerte Jahresaktivität. Im Bienwald wurden sogar sich paarende Zecken in den Wintermonaten an warmen Körperstellen von Wirtstieren entdeckt. In Rheinland-Pfalz liegt die mittlere Wintertemperatur gegenwärtig (1995-2024) um 2 °C höher als im Zeitraum 1881-1910. Des Weiteren sind die Zeitdauer mit einer geschlossenen Schneedecke und die Anzahl der Eistage (maximale Tagestemperatur < 0 °C) rückläufig. Die klimatische Entwicklung der Wintermonate lässt daher zunehmend eine ganzjährige Zeckenaktivität erwarten.

Einfluss des Klimawandels auf Erregerdichte weiterhin offen

Der bei uns am weitesten verbreitete Holzbock (Ixodes ricinus) ist vor allem bei Temperaturen zwischen ca. 7 °C und 30 °C aktiv. Gerade bei Trockenheit müssen sich die Spinnentiere während großer Hitze zu ihrem eigenen Schutz in kühle, feuchte Bereiche nahe am Boden zurückziehen. Somit können witterungsbedingt Zeckenaktivtage bestimmt werden. In Rheinland-Pfalz haben diese im Vergleich zur Klimareferenzperiode 1961-1990 bis heute (1995-2024) um 16 Tage auf 272 Tage pro Jahr zugenommen (linke Abbildung). Dabei sind deutliche regionale Unterschiede zu erkennen. Während in den warmen Flusstälern von Mosel und Rhein in weiten Teilen über 280 Tage zur Zeckenaktivität geeignet sind (linke Karte), trifft dies in den kühleren Tälern der Mittelgebirge nur auf etwa 230 Tage zu. Auffällig ist aber, dass die Anzahl der Zeckenaktivtage in den Mittelgebirgsregionen um 17 bis teilw. 23 Tage zugenommen hat seit dem Zeitraum 1961-1990 (rechte Karte).

Das Balkendiagramm zeigt die Entwicklung der Zeckenaktivtage (Tage mit maximalen Temperaturen von mindestens 7 °C und kleiner 30 °C) pro Jahr von 1950 bis 2024. Die klimatische Änderung im Vergleich zur Klimareferenzperiode 1961-1990 beträgt +16 Tage von im Mittel 265 Tage auf 272 Tage pro Jahr. Die roten und blauen Balken zeigen die 10% wärmsten und kältesten Jahre des Zeitraums.  An Hand der schwarzen geglätteten Kurve ist besonders die starke Zunahme der letzten Jahre ersichtlich.
Entwicklung der Zeckenaktivtage im Kalenderjahr in Rheinland-Pfalz
Die Karte von Rheinland-Pfalz zeigt die regionale Verteilung der Zeckenaktivtage im aktuellen Klima 1995-2024. Blaue Farben deuten wenige und rote Farben viele Zeckenaktivtage für eine Region an.
Verteilung der Zeckenaktivtage in der Periode 1995-2024
Die Karte von Rheinland-Pfalz zeigt die regionale Verteilung der Änderung der Zeckenaktivtage zwischen dem aktuellen Klima 1995-2024 und der Klimareferenzperiode 1961-1990. Blaue Farben deuten eine geringere Änderung und rote Farben eine starke Änderung der Zeckenaktivtage für eine Region an. Die stärkste Zunahme kann in den Mittelgebirgen beobachtet werden.
Änderung der Zeckenaktivtage in der Periode 1995-2024 gegenüber 1961-1990
Möglicher Einfluss des Klimawandels auf zwei zeckenübertragende Krankheitserreger

Auf Grund der Zunahme der Zeckenaktivtage kann der Klimawandel einen erheblichen Einfluss auf die Populationsdichte von Zecken ausüben. Allerdings ist derzeit noch nicht abschließend einzuschätzen, ob eine erhöhte Zeckendichte auch mit einer erhöhten Erregerdichte (z. B. Borrelien, FSME-Viren) verbunden ist. Bei FSME-Viren legen aktuelle Kenntnisse nahe, dass eine stärkere Vermehrung von Zecken mit einer stärkeren Ausbreitung der Viren verbunden sein kann. Dies liegt daran, dass das FSME-Virus von der mütterlichen Zecke auf die Nachkommen übertragen werden kann und nicht-infizierte Zecken sich in der unmittelbaren Nachbarschaft von infizierten Zecken anstecken können. Eine hohe Zeckendichte, sowie mehr Generationen pro Jahr können daher für die Ausbreitung des FSME-Virus förderlich sein.

Die Vermehrung von Borrelien ist hingegen nach aktuellem Kenntnisstand stark von der Art des Wirtstieres der Zecken abhängig, weshalb der Einfluss des Klimawandels auf die entsprechenden Wirtstiere die zukünftige Borrelienverbreitung bestimmen kann. Dabei spielt die Zusammensetzung der Wirtstiere eine Rolle: Kleinsäuger wie Mäuse werden als geeignetere (kompetentere) Wirte für Borrelien angesehen als Füchse und Paarhufer, die vor allem den adulten Zecken als Nahrungsquelle dienen.

Weitere Zunahme der Zeckenaktivtage in Rheinland-Pfalz

Die Abbildung zeigt die Entwicklung des Klimas an Hand einer Zeitreihe für die beobachtete und die projizierte Anzahl an Zeckenaktivtagen im Kalenderjahr in Rheinland-Pfalz. Die Daten der Projektionen werden als Bandbreiten angegeben für die Szenarien "starker Klimaschutz" (blau), "mittlerer Klimaschutz" (grau) und "sehr hohe Emissionen" (rot). Im klimatischen Mittel gibt es in der Referenzperiode 1971-2000 263 Zeckenaktivtage pro Jahr in Rheinland-Pfalz. Im aktuellen Klima sind es bereits 271 Tage pro Jahr. Je nach Klimaschutz können es laut Projektionen zum Ende des Jahrhunderts in Rheinland-Pfalz 297 Zeckenaktivtage pro Jahr werden.
Projektionen der Zeckenaktivtage im Kalenderjahr in Rheinland-Pfalz

Die zukünftige Entwicklung der Zeckenaktivtage kann mithilfe von Klimaprojektionen abgeschätzt werden. Es ist zu erwarten, dass die Tage mit Maximaltemperaturen von mind. 7 °C zunehmen und Tage mit Maximaltemperaturen unterhalb 30 °C abnehmen werden. Insgesamt ist jedoch auch zum Ende des Jahrhunderts eine deutliche Zunahme der Zeckenaktivtage relativ zur Referenzperiode 1971-2000 in allen Szenarien um 6 bis 34 Tage zu erwarten. 

  • Kilpatrick, A. M., and Coauthors, 2017: Lyme disease ecology in a changing world: consensus, uncertainty and critical gaps for improving control. Philos Trans R Soc Lond B Biol Sci, 372, 20160117, https://doi.org/10.1098/rstb.2016.0117.