Schadorganismen

Unter Schadorganismen im Wald sind alle Arten zu verstehen, die für einen Baum schädlich sein können, beispielsweise Insekten, Fadenwürmer, Phytoplasmen, Bakterien, Pilze und Viren. Besonders augenscheinlich war in den letzten Jahren einer der Borkenkäfer, der sogenannte Buchdrucker (Großer Achtzähniger Fichtenborkenkäfer, Ips typographus), der durch Massenvermehrung eine große Menge Fichten im ganzen Land zum Absterben gebracht hat. Aber auch andere Baumarten haben unter Schadorganismen zu leiden, beispielsweise durch Buchenprachtkäfer, Eichenprozessionsspinner oder Kiefernspanner. Die genannten sind aber nicht neu für unsere Baumarten, sie gelten als sogenannte heimische Arten, und werden den Bäumen in der Regel nur bei Massenvermehrungen gefährlich. Schwieriger wird es, wenn sich neue Arten, sogenannte gebietsfremde, bei uns etablieren. Baumarten können sich ggf. nicht adäquat gegen Befall wehren, darüber hinaus haben neue Arten unter Umständen keine natürlichen Gegenspieler, also andere Arten, die eine starke Ausbreitung der neuen Art verhindern.

Der Klimawandel wirkt in sehr unterschiedlicher Weise auf die Schadorganismen ein. Warme und trockene Witterung beschleunigt beispielsweise die Entwicklungszeit von Insekten (sowohl von Schaderregern also auch von natürlichen Gegenspielern). Die deutliche Erwärmung unseres Klimas hilft wärmeliebenden nicht-heimischen Arten, sich bei uns in Rheinland-Pfalz zu etablieren. Auch frostempfindliche Arten (z. B. Läuse) profitieren von milderen Wintern und pilzliche Erreger können ggf. leichter Bäume in ihrer Ruhephase im Winter befallen. Die Wirkungen des Klimawandels sowohl auf die Baumarten als auch auf die Schadorganismen sind sehr komplex, so dass derzeit eine Einschätzung sehr schwierig und meist nicht möglich ist. Am Beispiel Eichenprozessionsspinner, der nicht nur ein Baumschädling ist, sondern auch ein hohes Gesundheitsrisiko für Menschen und Tiere mit sich bringt, sind verschiedene Einflüsse des Klimawandels dargestellt und verdeutlichen die Komplexität der Zusammenhänge. 

Zusätzlich schwächt der Klimawandel durch die höheren Temperaturen und vor allem durch die Zunahme von Hitzewellen und Dürreperioden die Widerstandsfähigkeit der Bäume gegenüber biotischen Schadfaktoren. 

 

Absterben der Fichte durch starken Borkenkäferbefall

Bezogen auf Schadorganismen im Wald machen die aus der Retrospektive der jüngeren Vergangenheit aufgezeigten Beispiele deutlich, dass bereits erste Indizien über die Wirkungen des Klimawandels auf die Entwicklung der Schadorganismen und ihr Zusammenspiel mit den Wirtsbäumen vorliegen. In den letzten Jahrzehnten haben in den rheinland-pfälzischen Wäldern vor allem die Sturmschäden zugenommen, welche auch häufig Insektenkalamitäten (insbesondere Borkenkäfer) nach sich zogen.

Die Graphik zeigt die Ausscheiderate durch Baumschäden in Rheinland-Pfalz in der Periode 1994 bis 2024 für die Baumarten Fichte, Buche, Eiche und Kiefer. In dieser Zeitreihe zeigt die Ausscheiderate nur für die Fichte eine deutliche Zunahme, mit einem besonders hohen Anteil ab dem Jahr 2020 um rund 20 %. Bei der Buche ist nur im Jahr 2017 eine große Ausscheiderate von etwa 9 % zu erkennen. Bei den anderen Baumarten liegt die Ausscheiderate relativ konstant bei etwa 2 bis 3 %.
Ausscheiderate durch Insektenbefall

In der Abbildung rechts ist die Ausscheiderate auf Grund Insektenbefalls für die vier Hauptbaumarten Fichte, Buche, Eiche und Kiefer zu sehen. Deutlich ist der Einfluss längerer Trockenperioden im Sommer, wie im Extremjahr 2003, aber auch in den Jahren 2018, 2019 und 2020 mit einer um ein Jahr verschobenen Zunahme der Ausscheiderate zu beobachten. Exemplarisch ist in der Abbildung links die Anzahl der Sommertage, d.h. Maximaltemperaturen über 20 °C zu sehen.

Monitoring und Forschung für weiteres Verständnis wichtig

Um eine zukünftige Entwicklung besser abschätzen zu können und die Wälder vor den Folgen schützen zu können (Waldschutz) ist ein umfangreiches Expertenwissen zu Schadorganismen und Waldkrankheiten unerlässlich, wozu in Zukunft noch viel Monitorings- und Forschungsarbeit benötigt wird. Einem gut funktionierenden Meldewesen zur Schädlingsüberwachung kommt dabei eine außerordentliche Bedeutung zu. Darüber hinaus sind die Verfahren zur Schädlingsprognose weiterzuentwickeln und Risikoanalysen notwendig, um die Gefährdung durch Schadorganismen richtig einschätzen und angemessene Gegenmaßnahmen treffen zu können.

Ein erster Ansatz sich dieses komplexen Themenfeldes zu nähern, erfolgt über die Aufarbeitung bekannter Informationen und Daten der Vergangenheit hinsichtlich relevanter biotischer Schadfaktoren in Bezug zu abiotischen Schadereignissen und zu den meteorologischen Bedingungen, um eine erste qualitative Einschätzung der Risiken durch Schadorganismen bei den Hauptbaumarten unter verschiedenen Klimabedingungen geben zu können. 

Ungeachtet der Diskussionen um die Frage, wie genau das Klima in einigen Jahren aussehen wird, scheint festzustehen, dass sich viele Standorte noch innerhalb der durchschnittlichen Lebenszeit eines Baumes wesentlich wandeln werden. Damit verbunden ist auch eine Veränderung des Risikos für die dort vorzufindenden Baumarten gegenüber Schadorganismen.

Beobachtung

Die Daten der Ausscheiderate basieren auf der jährlichen Waldzustandserhebung (WZE) im 4 x 12 km-Raster. Die Stichprobe umfasst in Rheinland-Pfalz 168 Aufnahmepunkte, an denen knapp 4000 Bäume beprobt wurden. Die Daten werden seit 1984 erhoben und sind, basierend auf dem Rasternetz der WZE, flächenrepräsentativ für alle Waldflächen.